
Juni 2015: Circus Roncalli rollt ein – am Möbel-Bahnhof in Bielefeld
2015 gastierte der Circus Roncalli mit seinem Programm „Good Times!“ in Bielefeld und schrieb dabei nebenbei ein bisschen Bahnhofs-Geschichte. Denn zum ersten Mal überhaupt kam der nostalgische Sonderzug nicht in Brackwede an, sondern in Hillegossen. Genauer gesagt: am heutigen Möbel-Bahnhof. Damals hatte Peter Timpe das Gelände bereits übernommen. Und plötzlich standen hier Zirkuswagen. Über 90 davon. Aus Aachen kommend, auf 700 Metern Zuglänge verteilt. Willkommen in der Manege Hillegossen.
Der Elektroschaltwagen war der erste, der über die Rampe rollte. Der Kostümwagen musste noch warten. Es gab schließlich seinen eigenen Ablaufplan. „Alles muss streng nach Plan laufen“, sagte Betriebsleiter Patrick Philadelphia. Kein Witz. Denn bei Roncalli wird nicht improvisiert, da sitzt jede Rangierbewegung wie eine Nummer im Hauptprogramm.
Der Bahnhof, der plötzlich wieder wusste, was er mal war
„Ein ganz besonderer Tag für den Bahnhof“, sagte Peter Timpe. Und meinte das ziemlich genau so. Denn seit der letzte Zug 1988 das Gelände verlassen hatte, war es ruhig geworden ums Gleis. Bis Roncalli kam.
Die Sprecherin von Roncalli nannte die Bedingungen „geradezu paradiesisch“. Kein Wunder, denn die alte Kopframpe war noch da. Und wer sich jetzt fragt, was das ist: Eine Kopframpe erlaubt das Be- und Entladen von Fahrzeugen direkt von vorne, perfekt, wenn man über 100 Jahre alte Zirkuswagen nicht seitlich rausschubsen, sondern geradewegs herunterziehen will. Keine Sensoren. Keine Hydraulik. Einfach Rampe, Rad und ein gutes Gespür für Gewicht und Winkel. Und wer den Ort kennt, weiß: Das ist nicht übertrieben. Keine hektische Entladung mit Palettenhubwagen. Sondern Hanomag, Muskelkraft und historische Präzision. 80 Prozent der Wagen wurden später an der Radrennbahn untergebracht , aber der erste Moment gehörte Hillegossen.
Samt, Schweiß und kein Hotel in Sicht
Roncalli reist nicht mit dem Reisebus. Und schon gar nicht mit Hotelbuchung. Hier wohnt man stilecht, im Wagen Nummer 59 oder im Café des Artists, ausgestattet mit echten Möbeln aus der Pariser Metro. Nachtwächter Driss Hrida geht seit 16 Jahren nachts mit der Taschenlampe über den Platz. Und tagsüber hilft er mit an der Rampe. Wie gesagt: kein Glamour.
Mehr als 2400 maßgeschneiderte Kostüme, meterweise Wasserschläuche und Zirkusgeschichte auf Rädern. Und mittendrin: ein Bahnhof, der eigentlich keiner mehr war. Und trotzdem wusste, was zu tun ist.
Wenn die Manege direkt vorm Möbel-Bahnhof beginnt
Heute fährt hier kein Zug mehr ab. Aber manches kommt zurück. Geschichte zum Beispiel. Und Circus Roncalli. Der Möbel-Bahnhof wurde 2015 zum ersten Mal zur Entladestelle für Zirkus-Träume auf Achse. Nicht geplant. Nicht erwartet. Aber ziemlich passend.
Denn mal ehrlich: Wenn ein stillgelegter Bahnhof plötzlich wieder brummt, mit Samt, Wagen und echtem Handwerk, dann zeigt das nur eins: Es ist nie zu spät für eine gute Geschichte.
Circus Roncalli Möbel-Bahnhof Bielefeld – das passiert, wenn Nostalgie, Wahnsinn und handfeste Logistik sich am richtigen Ort treffen. Und das ganz ohne Netz und doppelten Boden.
Du willst mehr Geschichten wie diese oder Möbel, die nicht aus dem Katalog kommen? Dann steig ein. Wir sind vielleicht kein Zirkus, aber Staunen kannst du bei uns trotzdem.